Wozu Demokratie Bericht über den Vortrag von Theodor Dierk Petzold

Bericht und Nachklang von Dr. Melanie Hackenfort zum Vortrag von Theodor Dierk Petzold
Mut zum Kooperieren – Kohärenz als Zugpferd eines neuen Miteinanders

„Mut zum Kooperieren und zur Stimmigkeit!“ – Dazu ermutigte Theodor Dierk Petzold, Begründer der salutugenen Kommunikation Salkom in seinem Vortrag zum Ende der diesjährigen Wochen zur Demokratie. Gut 30 Interessierte fanden sich hierzu am 03.11.22 im Gemeindesaal des evangelischen Zentrum St. Matthäus ein. Gespannt darauf zu erfahren,

was genau Salutogenese, die Wissenschaft vom Entstehen und Erhalten der Gesundheit, mit Demokratie zu tun hat, lauschten die Zuhörer:innen zunächst Petzolds theoretischer Einführung in die Grundzüge der salutogenen Kommunikation. Hier war die Rede von Kohärenz und Stimmigkeit sowie von Kooperation, gemeinsamer Intentionalität und Selbstwirksamkeit. Gesellschaftliche Prozesse verglich der Mediziner und Naturheilkundler am Beispiel körperlicher Prozesse, die gesundheitsfördernd oder gesundheitshemmend wirken. So beschrieb Petzold aus systemanalytischer Perspektive die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Elementen unserer demokratischen Gesellschaft, die von oben nach unten (top-down) und / oder von unten nach oben (bottum-up) miteinander in Beziehung stehen und aufeinander einwirken. Petzolds Anliegen war es, die Zuhörer:innen zunächst für diese Wechselwirkungen zu sensibilisieren und diese zu reflektieren. In einer Einstiegs Gesprächsrunde tauschten sich die Teilnehmer:innen zunächst über irritierende und verärgernde Alltagssituationen aus. Eine Frau beschrieb die wiederkehrende Situation im Stadtbus, in der Fahrgäste den Gang blockieren und sich auch nach Aufforderung nicht weiterbewegen. Ein anderer Teilnehmer beschrieb seine Irritation darüber, dass Eltern mit ihren Kindern auf vermüllten Spielplätzen spielen und niemand auf die Idee kommt, den Müll aufzusammeln und zu entsorgen. Beide Beispiele führten zu der Frage, wie man sich in diesen Situationen konstruktiver verhalten will und kann? Die Antwort kam sogleich von einem Teilnehmenden: mutig den ersten Schritt machen und um Kooperation bitten! „Denn“, wie Petzold erklärte, „sind das Bedürfnis nach und die Fähigkeit zur Kooperation von Geburt an dem menschlichen Wesen zu eigen“. Wird er jedoch daran gehindert, verliert er oder sie die Lust und damit nicht nur die Kompetenz zu kooperieren, sondern auch das Gefühl für die eigene Selbstwirksamkeit in der Beziehung mit anderen. Wenn dann die Bereitschaft zu kooperieren weicht, entsteht Raum für Widerstand und Blockade.

 

Im Gespräch wurde schnell deutlich, dass die Art und Weise, wie wir gegenwärtig leben, zwischenmenschlich aber auch zwischen Mensch, Tier und Umwelt ins Ungleichgewicht geraten ist und nicht mehr passend zu sein scheint. Insbesondere die Corona-Pandemie hat viele Menschen mut- und visionslos zurückgelassen. Zwar wird viel geredet über Probleme, ihre gesellschaftlichen Folgen und politische Maßnahmen, nicht aber über Ideen und Vorstellungen von einem guten Leben das stimmig ist. Wenn wir also gemeinsam an einer guten Gesellschaft arbeiten wollen, ist der erste Schritt, eine gemeinsame Vorstellung davon zu entwickeln, wie ein gutes Leben aussehen soll und sich anfühlt, und was man selbst dazu beitragen möchte. Mit dieser Frage gingen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ein zehn-minütiges Zwiegespräch. Eine Person wurde dazu eingeladen, der anderen von ihren Anliegen und Vorstellungen zu erzählen, während die andere Person aktiv und aufmerksam zuhörte und bei Bedarf Nachfragen stellte. „Da musste ich erst einmal überlegen, was ich bereit bin, jemand Fremden von mir zu erzählen!“ resümierte ein Teilnehmer. Eine andere Teilnehmerin stellte fest, dass sie es gar nicht gewohnt ist, über ihre Wünsche und Bedürfnisse offen zu sprechen und Gehör zu finden. Am Ende waren alle Teilnehmer:innen positiv überrascht über die angenehme Erfahrung, das jemand einem aufmerksam zuhört, nicht kommentiert und nicht beurteilt, sondern nur interessiert nachfragt. In den Austausch und in die Begegnung zu gehen, sind demnach erste Schritte, um sich über gemeinsame Intentionen zu verständigen. Dabei sollte es aber nicht bleiben, denn wie ein weiterer Teilnehmer kommentierte: „geredet wird doch genug! Was fehlt ist engagiertes Handeln!“. „Wir müssen in Bewegung bleiben und von Tag zu Tag leben, das hat uns die Corona-Pandemie doch nur allzu deutlich vor Augen geführt“. Mit diesen Eindrücken und Impulsen ging der Abend zu ende. Die Veranstaltung wurde von Sandra Kunz und Markus Übelhör, vom Passauer Zentrum für Salutogenese Süd, für die Wochen zur Demokratie organisiert. Um an die Erfahrungen des Abends anzuknüpfen und salutogene Kommunikation weiter einzuüben, luden sie die Zuhörer:innen ein, am nächsten Tag an ihrem Workshop „Intention als Weg zum Erfolg“  teilzunehmen und sich über ihre Vorstellungen eines guten Lebens auszutauschen und gemeinsam Visionen zu spinnen.

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